30.09.2006

„Primat der Politik”

Vortragene(r):

Ulrike Kleemeier

Dr.

Ort: Offizierheim, Transporthubschrauberregiment 30, Niederstetten

 

Beginn einer Vortragsreihe beim Transporthubschrauberregiment 30 - Gesellschaft für Wehr- und Sicherheitspolitik Sektion Taubertal engagiert sich in Niederstetten.

Der Kommandeur des Transporthubschrauberregiment 30 Oberst Heinrich Bierbrauer konnte erstmalig in Zusammenarbeit mit der Gesellschaft für Wehr- und Sicherheitspolitik und dessen Sektionsleiter Oberstleutnant a.D. Wolfgang Krayer zu einer Vortragsreihe zahlreiche Gäste im Offizierheim Niederstetten begrüßen. Gemeinsam sollen in lockerer Reihenfolge Themen zur Weckung des Verständnisses für eine stete Notwendigkeit, den Frieden in Freiheit und die Souveränität Deutschlands zu schützen und die Verteidigungsbereitschaft zu fördern angeboten werden. Mit Frau Dr. Ulrike Kleemeier konnte eine hochkarätige Referentin gewonnen werden, die als Privatdozentin am Philosophischen Seminar der Westfälischen Wilhelm-Universität lehrt und durch zahlreiche Vorträge über kriegstheoretische Themen bei der Internationalen Clausewitz-Gesellschaft und an der Führungsakademie der Bundeswehr bekannt wurde. Mit dem Thema „Primat der Politik - ein Freibrief für Inkompetenz” fesselte Sie die ins Offizierheim gekommenen Gäste, an deren Spitze der Bürgermeister von Niederstetten Rüdiger Zibold. Sie stellte die Theorie vom Primat der Politik vor dem Krieg, wie sie von General von Clausewitz entwickelt wurde, auf den man sich immer wieder beruft, als vollkommen richtig und höchst aktuell dar. Dies gelte obwohl es zahlreiche geschichtliche Fälle gab und gibt, die beweisen, dass die politische Führung während eines Krieges ihre Zwecke immer höher schraube, so dass diese immer unrealistischer werden. So sind nach Meinung von Frau Kleemeier im Bereich des Politischen dem Verbrechertum, der Lüge, der Korruption und der Inkompetenz kaum Grenzen gesetzt. Wer heute die Formel vom Primat der Politik im Munde führt, meine allzu oft: „Soldaten sollen das tun, was Politiker befehlen”. Diese Vorstellung verhalte sich aber zutiefst widersprüchlich zur demokratischen Idee des Staatsbürgers in Uniform. Gerade der zitierte General von Clausewitz hasste jede Form von Anpassung an ungeliebte Umstände, weshalb er sich 1812 offen seinem Monarchen widersetzte und Abschied von der preußischen Armee nahm und in russische Dienste wechselte. In diesem Sinne empfahl sie den heutigen Soldaten, insbesondere der Generalität, zu mehr Mut bei der Beteiligung von politischen Entscheidungen. Man müsse beharrlich seinen Rat und damit klar und deutlich seine eigene Sicht der Dinge, auch wenn diese abweichend ist, vertreten. Allerdings sei damit erforderlich, die eigene Karriere nicht als das Maß aller Dinge anzusehen, es bestehe das Risiko, gegenüber anderen Nachteile zu haben, die sozusagen im vorrauseilenden Gehorsam alles tun, was von Ihnen tatsächlich oder vermeintlich erwartet wird. Vielleicht kann diese Sorte von Tapferkeit auch für heutige Soldaten als Vorbild dienen, wenn wieder einmal, womöglich unter Berufung auf Clausewitz, der Primat der Politik bemüht wird, den Soldaten als Instrument zur Durchsetzung inkompetenter oder gar noch schlimmerer Bestrebungen zu benutzen. Gerade diese Thesen entfachten eine anschließende rege Diskussion, in der deutlich das Bekenntnis zur Loyalität gegenüber dem Dienstherrn, aber auch das Vertrauen in die demokratischen Mechanismen zum Ausdruck kamen. Nach heftigen Diskussionen müsse stets eine Entscheidung fallen, die aber dann auch für alle verbindlich sein müsse. Im gemütlichen Teil wurden im kleineren Kreis die Diskussion und der Meinungsaustausch fortgesetzt. Insgesamt war es ein hochinteressanter Abend, der zu einer Fortsetzung einlädt.

Gruppenbild